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Mi 09 Okt
Neue Jugendstilausstellung im Museum Wiesbaden präsentiert die unsichtbaren Plakatgestalterinnen der Jahrhundertwende
Die Plakatgestalter der Hochphase der Deutschen Plakatkunst nutzten das Motiv der Frau facettenreich für die Reklame. Die neue Ausstellung Plakatfrauen. Frauenplakate im Museum Wiesbaden rückt nicht nur Frauen, die auf Plakaten in Erscheinung treten, sondern auch grafische Entwerferinnen und deren neues Selbstbewusstsein in den Fokus. Auf rund 80 qm, zeigt die Ausstellung vom 11. Oktober 2024 bis zum 16. Februar 2025 in dichter Hängung, angelehnt an die Plakatierung auf Litfaßsäulen und Plakatwänden, 70 Jugendstilplakate aus der Privatsammlung Maximilian Karagöz.
Anfang 2024 wurde die Jugendstilsammlung F. W. Neess um eine dauerhafte Präsentation von Jugendstilplakaten im Treppenhaus des Südflügels erweitert. Das Plakat zählte Ende des 19. Jahrhunderts zu den wichtigsten Medien der visuellen Kommunikation. Dabei dienten den überwiegend männlichen Gestaltern stereotype weibliche Rollenbilder, von der perfekten Hausfrau und liebenden Mutter bis hin zur aufreizenden Femme Fatale, als beliebtestes Werbemotiv. Plakate in der Hochphase der Deutschen Plakatkunst (1900–1921) setzten verschiedene Konzepte des Weiblichen gekonnt in Szene und vermittelten erwünschte soziale Verhaltensweisen, Freiräume aber auch die Grenzen dieser in der Gesellschaft.
Die Ausstellung Plakatfrauen. Frauenplakate (11.10.2024 — 16.2.2025) zeigt aber auch auf, dass professionelle Plakatgestalterinnen sich schon um die Jahrhundertwende im männlich dominierten Berufsfeld behaupteten. Sie stellt Plakate, die von Frauen entworfen wurden in den Mittelpunkt und belegt, dass Frauen bereits in einer Zeit als professionelle Plakatgestalterinnen tätig waren, in der sie noch stark mit Vorurteilen zu kämpfen hatten. Die Künstlerinnen der Ausstellung Änne Koken (1885–1919), Wera von Bartels (1886–1922), Rosa Bruntsch (Lebensdaten nicht bekannt), Käthe Kollwitz (1867–1945), Anna von Wahl (1861–1938), Margarethe Friedlaender (1896–1985), Dora Brandenburg-Polster (1884–1958), Clara Ehmcke (1869–1918), Frieda Weinberg-Röhl (1887–1955), Lina von Schauroth (1874–1970) und Dore Mönkemeyer-Corty (1890–1970) zählen zu den damals und heute kaum bekannten Gestalterinnen. Die Entwürfe von Grafikerinnen zeigen das wachsende Selbstbewusstsein von Frauen, sich von sich von kunsthandwerklichen Unikaten ebenso wie von kleinen Formaten verabschiedeten und stattdessen mit großformatigen und in hoher Auflage reproduzierbaren Plakaten an die Öffentlichkeit traten: Emanzipation durch Plakatgestaltung.
„Mit der Unterstützung des Wiesbadener Sammlers Maximilian Karagöz kann unser Haus neben den Plakaten der Sammlung Neess nun auch deutsche Reklameplakatkunst des Jugendstils vorstellen,“ dankt Museumsdirektor Andreas Henning.
Erstmals gezeigt wird eine Auswahl von Plakaten aus der Sammlung Maximilian Karagöz, die sich auf die erste Hochphase deutscher Plakatgestaltung fokussiert. Dabei wird der Geist der städtischen Straßen ins Museum gebracht: Auf rund 80 qm, angelehnt an den Charakter von Litfaßsäulen und Plakatwänden, zeigt die Ausstellung dicht an dicht gehängt das Motiv von Frauen auf Plakaten, die in unterschiedlichen Facetten in der Reklame eingesetzt wurden. Die Ausstellung soll verdeutlichen, dass es bereits um 1900 herausragende Gestalterinnen gab, die heute in Vergessenheit geraten sind. Die Schau stellt aber auch berühmte Plakatgestalter der Jahrhundertwende vor. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Wiesbadener Plakatgestalter Ludwig Hohlwein (1874–1949), der einst mit seinen innovativen Plakatentwürfen für Furore sorgte, bevor er in den 1930er Jahren Aufträge für das Nazi-Regime annahm und sein visuelles Erscheinungsbild prägte. Plakatfrauen. Frauenplakate zeigt vom sowohl die Anfänge der Plakatkunst, als auch die Zeit der Industrialisierung, die nicht nur durch patriarchalische Strukturen, sondern auch durch kolonialistische Expansion geprägt war. Somit soll die Schau auch den Diskurs um kolonial geprägte Inhalte vorantreiben.
„Mit der Präsentation von Jugendstilplakaten zeigen wir eine weitere wichtige Facette innerhalb unseres Sammlungsschwerpunktes Jugendstil. Das „Museum der Straße“ findet nun einen Platz im Museum,“ betont Kurator Peter Forster.
Die Ausstellung wurde gemeinsam vom Museum Wiesbaden und von der Co-Kuratorin Prof. Dr. Petra Eisele vom Designlabor Gutenberg der Hochschule Mainz konzipiert. Sie ist verantwortlich für das Forschungsprojekt UN/SEEN zu Grafikerinnen in der Zeit von 1865 bis 1919, welches die Ausstellung mit inhaltlichen Anregungen unterstützte.
Zur Ausstellung ist der gleichnamige Katalog (herausgegeben von Peter Forster für das Museum Wiesbaden) beim Deutschen Kunstverlag 2024 erschienen (128 Seiten, 20 € an der Museumskasse, ISBN 978–3–422–80259–9). Der Katalog ist der Beginn der Schriftreihe Ferdinand Wolfgang und Danielle Neess, Eine kostenfreie Media-Tour in der MuWi-App begleitet die Schau.
Die Ausstellung wird gefördert durch den Flötenwettbewerb F.W. Neess und die Freunde des Museums Wiesbaden e.V.
Hr2 ist Kulturpartner der Ausstellung