Während ich versuche, meinen Beitrag für den Blog zu schreiben, und mir überlege, was denn für den Leser überhaupt interessant sein könnte an dem, was ich als Registrar im Museum Wiesbaden so mache, beobachte ich aus dem Augenwinkel den Bildschirm und die eingehenden Emails: Eine bunte Mischung aus allen Vorgängen, die zurzeit so über meinen Tisch gehen, wobei ich nur die wirklich dringenden Dinge diese Woche noch ledige, damit ich über Ostern getrost ein paar Tage Urlaub genießen kann:
Es ist keine Überraschung, dass die erste Nachricht des Tages aus Budapest kommt, denn dort ist in der Hungarian National Gallery im Sommer 2021 eine Gerhard Richter Ausstellung geplant und dass das eine langwierige Vorbereitung erfordert, weiß ich aus eigenen Erfahrung von unserer Ausstellung Gerhard Richter. Frühe Bilder im Jahr 2018, die damals bei uns in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bonn und SMAK Gent gezeigt wurde. Wir leihen diesmal nur ein Gemälde von Gerhard Richter nach Budapest, aber die Verhandlungen sind trotzdem komplex, gleich mehrere Details des Vertrages müssen erklärt und übersetzt, vielleicht sogar geändert werden. Unser Gemälde ist noch dazu ziemlich groß, die Verpackung daher aufwendig, die Rahmung sehr speziell, eine zweite Kiste für den Rahmen notwendig, das kostet Geld, der Versicherungswert ist hoch, auch das schlägt zu Buche, ist aber nicht verhandelbar. Wir hatten die Leihgabe schon vor langer Zeit zugesagt, denn wir haben mit dem National Museum Budapest schon zur Ausstellung Caravaggios Erben 2016 zusammen gearbeitet und damals vier Bilder aus der Sammlung des Barocks ausstellen dürfen.
Vom Barock direkt in die Gegenwart: Die Ausstellung Temporary Ground. Frank Gerritz steht vor der Tür, die Abholung der Leihgaben von verschiedenen Leihgebern in Hamburg muss organisiert werden, noch gibt es Änderungen bzw. Ergänzungen bei den Adressen und noch keine Einigung auf einen Termin. Da es sich um schwere Skulpturen und große Formate handelt, müssen zum vereinbarten Termine allen Beteiligten die gleichen Informationen vorliegen, damit die Spedition genau weiß, welche Arbeiten wo abgeholt, verpackt und verladen werden müssen. Ich überprüfe die Listen und die Angaben ständig in Absprache mit dem Künstler und den Kuratoren und Kuratorinnen im Haus. Alles sollte dann auch in den LKW passen, meine Listen müssen vollständig sein, die Planung lückenlos, alle Verträge unterschrieben, alle Versicherungen abgeschlossen, denn obwohl die Arbeiten schwer sind, sind sie auch sehr empfindlich. Mir ist die Unterstützung des Künstlers bei der Planung wichtig, denn er kennt die Leihgaben und die Leihgeber und wird die Spedition mit den wirklich wichtigen Informationen unterstützen, damit so etwas wie auf dem Foto nicht passiert. Aber Entwarnung: Hier war zu jeder Zeit jede Kiste gut und sicher gepackt und verstaut, die Aufnahme ist beim Entladen entstanden, zu keinem Zeitpunkt bestand ein Risiko für das Kunstwerk.
Das ist eine gute Nachricht aus dem Hauptzollamt Darmstadt, denn uns bleiben weiterhin die Kosten für eine Zollabwicklung einer vorübergehenden Einfuhr aus einem Drittland (hier USA) erspart bei bestehender der Gewährung der Fristverlängerung. Die Leihgaben von Joanna Pousette-D’Art befinden sich seit der Ausstellung 2019 zur „temporären Einfuhr zu Zwecken der Ausstellung“ bei uns im Haus. Diese Fristverlängerung bedeutet, dass wir sie vielleicht noch einmal zeigen können, bevor sie dann nächstes Jahr zurück in die USA reisen.
Und wieder wird eine Ausstellung verschoben, zu der wir eine Leihgabe aus unserer Sammlung leihen werden, diesmal vom Sommer in den Herbst 2021. Wir haben in den Zeiten der Pandemie oft erlebt, dass Termine verschoben oder Ausstellungen verlängert wurden und werden. Auch wir haben mit Verständnis und Unterstützung der Leihgeber und Museen unsere Ausstellungen verlängern können, d.h. für mich: Sämtliche Verträge ändern, umdatieren, kopieren, scannen, verschicken, erneut ablegen, jede Versicherung, alle Papiere, sämtliche Genehmigungen kontrollieren und erneuern, Verzögerungen beachten, nachfragen. Immerhin zeigen wir gerade im Museum Wiesbaden in den beiden Sonderausstellungen der Kunst 123 Leihgaben von 28 Leihgebern aus sechs Ländern, was eher wenig ist im Vergleich z.B. zur Ausstellung Lebensmenschen, da waren es in einer einzigen Ausstellung 101 Leihgaben von 37 Leihgebern aus sechs Ländern.
Ein schöner Vorgang, denn wir leihen an das Lehmbruck Museum in Duisburg verschiedene Arbeiten von Joseph Beuys und nehmen damit an einer der zahlreichen Sonderausstellungen teil, die anlässlich des 100. Geburtstages von Joseph Beuys in ganz Deutschland stattfinden. Bei dieser Abfrage aus Duisburg geht es um die Verpackung, Abholung und die Transportbedingungen unserer Leihgaben, den Vertrag kann ich dann entsprechend ausstellen, alle Details haben wir besprochen sowohl mit dem Kurator und den Restauratorinnen im eigenen Team als auch mit den Kollegen am Lehmbruck Museum. Ich bin auch sehr gespannt über die Beiträge zum Beuys Jubiläum, die bei uns im Museum Wiesbaden (hoffentlich) im Mai, Juni und Oktober als Interventionen mit dem Titel Beuys 100 stattfinden.
Gut, dass auch diese Bestätigung eingegangen ist, damit liegen alle Verlängerungen und alle Verträge für alle Leihgaben der Ausstellung August Macke. Paradies! Paradies? vollständig vor. Bleibt nur zu hoffen, dass wir diese herrliche Ausstellung noch einmal öffnen dürfen, bevor sie im Mai zu Ende geht und wir alle Leihgaben wieder abhängen, einpacken und zurück an die Leihgeber schicken. Aber diese Vorbereitungen müssen bis nach Ostern warten …
Ebenfalls im Mai sind die Transportrückgaben der Leihgaben zur Schau Winston Roeth — Speed of Light geplant, ich bereite daher alle Frachtpapiere und Zollunterlagen für die Spedition vor, damit es zum Ausstellungsende keine Verzögerungen gibt, denn der Abbau der Ausstellung und das Verpacken der Leihgaben ist genau so geplant, dass in den gleichen Räumen direkt im Anschluss die nächste Ausstellung aufgebaut werden kann. Es ist immer besser, wenn erst die Arbeiten einer Ausstellung abtransportiert werden, bevor die nächsten Leihgaben eintreffen, denn sonst wissen wir nicht, wohin mit den Kisten…
Darauf habe ich gewartet! Immer gut zu wissen, dass etwas gut angekommen ist, besonders, wenn der Weg dahin so lang und die Vorbereitungen so widrig waren: Leider konnte das LWL Museum Münster die Leihgaben zu August Macke wegen den Vorbereitungen einer eigenen Ausstellung für uns nicht bis zum Ende unserer Ausstellung verlängern, sodass vier Leihgaben die Ausstellung vorzeitig verlassen mussten. Da es für die Restauratorin aus Münster corona-bedingt nicht möglich war, beim Abbau und Transport vor Ort zu sein, haben wir eine virtuelle Übertragung via Skype oder Zoom organisieren müssen, d.h. wir haben per Video unsere Arbeiten live nach Münster übertragen. Die Vorbereitungen dafür mussten natürlich im Vorfeld getroffen werden, die zum Teil nicht für alle Mitarbeiter existierenden Verbindungen geschaffen oder geprüft, die Geräte bereitgestellt bzw. eingestellt und die Uhrzeiten vereinbart werden. Zwei Wochen Vorbereitung und 37 Emails später lief der Probelauf letzte Woche ganz gut und obwohl wir dann nur beim Abbau im Depotgang im Keller des Museums keinen Empfang mehr hatten, sind Stunden später, laut Email, heute Nachmittag die Leihgaben wohlbehalten in Münster angekommen. Das ist eine gute Nachricht, denn jetzt kann ich getrost den Computer ausschalten und mich in den Urlaub verabschieden.
Frohe Ostern!
Caren Jones
Registrarin