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Mi 15 Mai
Vom 19. Mai bis zum 6. Oktober präsentiert das Museum Wiesbaden eine Studienausstellung zu den Gemeinschaften der Adivasi – ein Sammelbegriff für all jene Gruppen, die ihre Traditionen und Lebensweisen auf die Zeiten vor Entstehung des indischen Kastensystems zurückführen. In der Ausstellung sollen die Diskrepanzen zwischen moderner Globalisierung und der Konkurrenz zwischen Natur- und Kulturschutz diskutiert und ein Fingerzeig auf das Verschwinden tradierten Lebensweisen gegeben werden.
Indien: Das sind mehr als eine Milliarde Einwohner, in gigantischen Städten. Das ist ein Land mit einer jahrtausendealten Kultur und Geschichte, uralter Heilkunst und Mythologie. Hier treten gesellschaftliche Gegensätze wie in kaum einem anderen Teil der Welt auf, hier erleben wir Hochtechnologie und extremsten Bildungsstandard Seite an Seite mit unglaublicher Armut. Und doch gibt es jenseits der Städte und Metropolen, weit fernab der Tempel und duftenden Märkte auch eine andere Seite Indiens: eine gesellschaftliche Nische jenseits der hierarchischen und bis heute vom Kastensystem geprägten Alltagswelt, in der diejenigen, die sich selbst als Adivasi, als „die ersten Siedler“ bezeichnen, bis heute einen Teil ihrer Traditionen und Identität bewahrt haben. Ausgehend von einer Reise Werner Hammers, des in Wiesbaden lebenden Kurators, entstand die Idee, die Lebensrealität verschiedener Gruppen der Adivasi vorzustellen. Denn gerade deren traditionellen Lebensweisen schwinden und die Existenzgrundlagen der Adivasi sind vielfach bedroht.
„Die Adivasi, wie sich die verschiedenen Gruppen gemeinsam nennen, stehen traditionell am Rand der indischen Gesellschaft und erlebten bereits unter der britischen Kolonialherrschaft einschneidende Restriktionen, “ so Direktor Andreas Henning. „In der heutigen Situation des gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Umbruchs im Nationalstaat Indien sind es nicht mehr britische Teeplantagen und Polizisten, die eine Bedrohung für die althergebrachten Lebensweisen darstellen. Es sind Bergwerke internationaler Großkonzerne oder Zwangsumsiedelungen zugunsten von Naturschutzreservaten, die ein Ende der alten Traditionen einläuten.“
In der dokumentarischen Ausstellung präsentiert das Museum Wiesbaden eine Auswahl an zeitgenössischen Fotos der letzten Jahrzehnte von Werner Hammer. Drei zentralindische Gemeinschaften, die Bonda, die Hill Maria und die Bison Horn Maria werden durch diese Aufnahmen und Objekte aus dem Bestand des Museums in den Fokus gerückt. Ergänzt wird diese Auswahl durch einen Exkurs zu den ostindischen Naga. Diese aus mehr als 40 Gemeinschaften bestehende Gesellschaft kämpft seit Jahrzehnten um ein unabhängiges Nagaland und schloss sich bei ihrem Bestreben nach Selbstbestimmung der politischen Bewegung der Adivasi an.
„Wir zeigen in der Ausstellung eine historische Momentaufnahme. Objekte und Bilder beleuchten Lebensweisen, die vor wenigen Jahrzehnten noch alltäglich zu finden waren, doch bald eben nur noch im Museum gezeigt werden können, “ so der zweite Kurator der Ausstellung, Andy Reymann.
Dabei bildet der Tiger stellvertretend eine ganz besondere Problematik ab: Seit einigen Jahren nehmen zwangsweise durchgeführte Umsiedlungen von Adivasi-Gruppen aufgrund von geplanten Naturschutzgebieten zu. Entgegen der gesetzlichen Regelung, nach der Adivasi und andere als schützenswert titulierte Gemeinschaften, die sogenannten Sheduled Tribes, besondere Rücksicht erfahren sollen, werden zehntausende Menschen umgesiedelt, um Raum für bedrohte Tierarten wie den indischen Tiger zu schaffen. Proteste internationaler Organisationen, wie etwa Survival International, verhallen ungehört. Und so schließt sich der Kreis zu jener Konfrontation zwischen Mensch und Tiger, die bereits in Rudyard Kiplings Das Dschungelbuch skizziert wurde. Kann es hier einen Gewinner geben?
Die Ausstellung wird eingerahmt von einem Gastvortrag der Leipziger Ethnologin Carolas Krebs und mehreren Sonderführungen zu ausgewählten Themen im Rahmen der Wiesbadener Naturpause.