Alison Knowles

Retrospektive

20 Sep 24 — 26 Jan 25

Alison Knowles (Künstlerin) / Nan Hoover (Fotografin), A Shoemaker’s Assistant, 1976, Courtesy Alison Knowles. Foto: © The Nan Hoover Foundation

„Listen as if you had never heard it; look at it as if you had never seen it before. Investigate again what you already know.“  

Alison Knowles, 1975

Als Alison Knowles im September 1962 nach Wiesbaden kam, um gemeinsam mit George Maciunas, Dick Higgins, Nam June Paik, Emmett Williams, Ben Patterson und Wolf Vostell den Vortragsaal des Städtischen Museums für vier Wochenenden und vierzehn Aufführungen im Rahmen der „Fluxus Internationalen Festspiele Neuester Musik“ zu bespielen, war sie 29 Jahre alt. Anders als es das Wiesbadener Publikum von den alljährlichen kaiserlichen „Mai Festspielen“ kannte, war die damalige Konzertreihe ein integraler Bestandteil der radikalen Abkehr von allem, was bis dato in der wohlhabenden und gemäßigten Kunst- und Politikszene nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs jemals erlebt worden war. Energetisch, an die Grenzen des vermeintlich „guten Geschmacks“ gehend und den Besuch einer musealen Veranstaltung neu definierend, brach „Fluxus“ mit den Konventionen und Erwartungen — so weit, dass einzelne Wiesbadener:innen die damaligen Ereignisse nur mit einem „Die Irren sind los“ kommentierten.

Die Retrospektive dieser außergewöhnlichen Künstlerin präsentiert das umfangreiche Werk von Alison Knowles von frühesten Arbeiten bis in die Gegenwart. Dabei wirft die Ausstellung einen Blick auf die ideellen Aspekte der Fluxus-Bewegung und der Gedanken jenes Zeitgeists, betont aber vor allem Alison Knowles' einfühlsame und poetische Kunst sowie ihren Blick auf die Welt. Bis heute gilt sie als eine der zentralsten Figuren der Fluxus-Bewegung, wohl auch, da ihr Kunstschaffen die erste Generation von Fluxus überdauerte, und sie sich neben ephemerer, performativer Kunst, ebenso in den Bereichen von Malerei, Druckgrafik, bis hin zu Skulptur und Installation, Klangarbeiten, Poesie und Publikation bewegte.

[…] Die Mischungaus hippiesker Weltflucht mit Strategien, die darauf abzielen, ganz neue Ausdrucksformen durch den ungewöhnlichen Gebrauch von Materialien zu finden, erzeugt eben doch einen vielfältigen Gegenentwurf zu aggressiver Männlichkeit in der Kunst. Damit fiel Knowles zwar lange aus ihrer Zeit. Aber mittlerweile ist sie in einer destruktiven Epoche angekommen, wo der Akt des Zerstörens einfach keine Provokation, sondern nur noch eine Spiegelung der Zustände wäre. Und da wirkt der freundliche Geist dieser naturverbundenen Suche nach einer sozial verstandenen Kultur dann doch erfrischend wie einst „Make a Salad.“

Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 11 Okt 24, Nr. 235 

Ausstellungstrailer

„I don’t ever want the art to be still, finished […] I want it to be available for somebody to do something else with it… [something] that I wouldn’t have thought of.“

Alison Knowles, 1975

Die Poesie des Alltäglichen

Alison Knowles' Kunst begegnet uns überall: Im Rascheln bei der Zubereitung von Salatblättern, im Klackern getrockneter Bohnen, im Knistern von Zeitungspapier und im schmatzenden Geräusch von Hautcreme beim Verreiben in den Handinnenflächen. Mit einem feinfühligen Blick für ihre Umgebung lenkt die Fluxus-Künstlerin (*1933) unseren Blick auf die Poesie des Alltäglichen und lädt ihr Publikum ein, dies ebenso zu tun. Ob es abgetragene Schuhe oder Zwiebelschalen sind, Knowles widmet ihnen die gleiche Aufmerksamkeit.

Sie verleiht den bisher unbeachteten Szenen des Alltags neue Bedeutung und schafft damit eine Sinnlichkeit, die sowohl in der emotional aufgeladenen Nachkriegszeit als auch heute neue Denkräume eröffnet.

Als einzige weibliche Mitbegründerin von Fluxus unterscheidet sich die Arbeit von Knowles von der ihrer männlichen Kollegen insbesondere durch ihr Interesse an Lebensmitteln und häuslichen Materialien und Aktivitäten, die sie als „Geheimnisse der gewöhnlichen Dinge“ bezeichnet hat. Die daraus folgende, breite Palette ihrer künstlerischen Ausdrucksformen, verdeutlicht daher einmal mehr das breite Spektrum von Knowles mittlerweile mehr als 60-jähriger Tätigkeit, und die Interdisziplinarität, die sie sowohl im eigenen Kunstschaffen, wie im performativ partizipativen Spektrum formulierte.

Mit internationalen Leihgaben, die auch raumgreifende Installation wie ‚The Boat Book‘ umfassen, bietet die Ausstellung einen in so konzentrierter Form seltenen Einblick in Knowles' Werk. Dazu gehört auch „The House of Dust“, das dank des Projekts „tinyBE“ seit 2021 auf dem Kranzplatz in Wiesbaden zu sehen ist.

Alison Knowles, Beans Rolls, 1963-64, Courtesy Alison Knowles. Foto: © Studio Alison Knowles
Alison Knowles, Beans Rolls, 1963-64, Courtesy Alison Knowles. Foto: © Studio Alison Knowles

Fluxus in den 1960ern

tinyBE

The House of Dust in Wiesbaden, am Kranzplatz 

3D-Druck, Lehm, Holz, Beton, diverse Materialien, 3 × 5 × 4 m

Standort
Wiesbaden Kranzplatz — bis Ende Oktober 2024

Weitere Informationen zum Projekt „tinyBE“
ALISON KNOWLES — tinyBE

„I seek to free each thing from the obstructions of the mind and let each thing (sound/ object/ movement) impress itself of the beholder as fresh, new, alone and having its own intelligence.“

Alison Knowles, 1980

Alison Knowles, The House of Dust, 1967/2021, 3D gedruckt von WASP © tinyBE #1, Foto: Wolfgang Günzel
Alison Knowles, The House of Dust, 1967/2021, 3D gedruckt von WASP © tinyBE #1, Foto: Wolfgang Günzel
„The House of Dust“, 1971, Cal Arts, Valencia, CA © Courtesy of California Institute of Arts Insitute Archives
„The House of Dust“, 1971, Cal Arts, Valencia, CA © Courtesy of California Institute of Arts Insitute Archives

Begleitprogramm

FORTLAUFENDER FELDVERSUCH

Dinner with a stranger

Ein Dinner mit der Frankfurter Künstlerin Laila Zaidi Touis bei Dir zu Hause!

Laila Zaidi Touis arbeitet mit Begegnungen, Partizipation und Dialog. Im Rahmen ihrer seit 2021 laufenden Arbeit „Dinner with the Stranger“ bietet sie sich als Gast an.

Die eingeladene Künstlerin geht mit dem Fremden zu Abend essen. Das Abendessen findet im Haus des/der Gastgeber:in statt, und es ist vorzugsweise das Lieblingsessen des/der Gastgeber:in. Vor jeder Mahlzeit wird ein Foto des/der Gastgeber:in am Tisch gemacht.

Sie möchten Laila Zaidi Touis zu sich einladen? Dann melden Sie sich direkt bei ihr unter: Dinner_with_the_Stranger@yahoo.com.

Alle Infos findet Ihr auf der Homepage von Laila.

So 22 Sep, 29 Sep, 6 Okt, 13 Okt, 20 Okt, 27 Okt
OPEN HOUSE — The House of Dust

Bevor „The House of Dust“ Ende Oktober den Kranzplatz verlässt, gibt es an sechs Sonntagen die Möglichkeit, die Installation zu begehen.

Geöffnet ist das House jeweils 13:00—16:00

Von 14:00—15:00 finden während der Öffnung kostenfreie Führungen statt.

Do 17 Okt 24, 19:00
ART AFTER WORK

Mit Kuratorin Jana Dennhard, M.A.

Do 24 Okt 24, 19:00
KÜNSTLERINNENGESPRÄCH

Die Frankfurter Aktionskünstlerin Laila Zaidi Touis spricht an diesem Abend mit der Kuratorin Jana Dennhard über ihre Aktionen und Performances.

Erfahren Sie hier mehr über Laila Zaidi Touis

Do 31 Okt, 18:00
FAREWELL — The House of Dust

Verabschieden Sie sich mit uns von Knowles' „The House of Dust“.
Special Guest: IDA FLUX

Sa 2 Nov 24, 11:00—16:00
FLUX-ZINE WORKSHOP

In diesem lebendigen Workshop nähern wir uns einem leicht zugänglichen und individuellen Kommunikationsmittel — dem Zine!

  • Das Wort Zine stammt aus dem englischen und ist eine Kurzform des Wortes „magazine“.
  • Ganz auf den Spuren der Künstlerin Alison Knowles, lassen sich so mit diesem selbstgemachten, selbstverlegten, unkommerziellen Medium, ähnlich wie bei klassischen Publikationen, Büchern oder Schriftrollen, verschiedenste Informationen teilen und verbreiten.

Ob drucken, malen, schreiben, zeichnen oder Collage — wir laden Euch ein, das Alltägliche und den Sound der Bohnen mit Katharina Hantke künstlerisch zu verarbeiten!

Wir freuen uns auf Eure Vielfalt!

Erfahrt hier mehr über Katharina Handke.

Do 14 Nov 24
What’s happening? Gemeinsame Fluxusaktion

Gemeinsam mit unseren Gästen möchten wir einige der Aktionsvorschläge von Alison Knowles an diesem Abend durchführen. Kommen Sie gern mutig dazu.

16:00 vor dem Museum: #10 Braid (1964)
17:00 im Vortragssaal: #6 Shoes of your choice (1963)
18:00 im Vortragssaal: #7 Piece for Any Number of Vocalists (1962)
19:00 im Wandelhalle: #1 Shuffle (1961)
20:00 in der Ausstellung: #7 Piece for Any Number of Vocalists (1962)

Do 5 Dez 24, 19:00
VORTRAG

Mit Dr. Clara Wörsdörfer, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Eintritt ist frei

Sa, 7 Dez 24, 10:00—17:00
FREIER SAMSTAG

Alison Knowles lenkt in ihrer Kunst den Blick auf alltägliche Dinge und Handlungen. Mit ihren seit den 1960er Jahren entstandenen propositions (dt. Handlungsvorschläge / Aktionsvorschläge) lädt sie ihr Publikum ein teilzuhaben – auch hier in Wiesbaden. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir Alison Knowles‘ „Celebration Red: Homage to Each Red Thing“ (1962/1996) reaktivieren und laden Sie herzlich ein, rote Objekte mitzubringen und sich am 7. Dezember in der Wandelhalle an der Kunstaktion zu beteiligen.

Die mitgebrachten Objekte können am Ende des Tages wieder mitgenommen werden oder werden danach von uns gespendet oder entsorgt.

Sa, 25 Jan 25, 15:00
ABSCHLUSSPRÄSENTATION

Das Hessische Staatstheater Wiesbaden zu Gast

Führungen und Workshops für Schulen und pädagogische Gruppen

Sie möchten eine Führung oder einen Workshop buchen?
Dann finden Sie HIER unser Angebot.

Eine Ausstellung in Kooperation mit dem Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive (BAMPFA)

Förderer und Partner

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