Ein Jahr ist es bereits her, dass die Ausstellung Jugendstil – Schenkung F. W. Neess im Museum Wiesbaden feierlich eröffnet wurde. Mit einem Schlag wurde das Museum Wiesbaden zu einem Zentrum des Art Nouveau. Die Schenkung erweitert nicht nur substantiell den Sammlungsschwerpunkt des Hauses, sondern trägt zudem zur Schärfung des internationalen Profils bei. Das Museum Wiesbaden erscheint heutzutage als Schwergewicht auf der Landkarte des Jugendstils. Gemeinsam mit dem Sprudelhof in Bad Nauheim und der Mathildenhöhe in Darmstadt stellt die internationale Jugendstil Sammlung eine brillante Ergänzung für diesen kulturgeschichtlichen Zeitraum in dar und lässt Hessen als Hochburg des Jugendstils in Deutschland glänzen. Durchdrungen vom Geist der Weltausstellung 1900 in Paris, die Wiener Sezessionsbewegung als auch der deutschen Reformbewegung stellt die Sammlung mit ihren mehr als 500 Objekten qualitativ als auch quantitativ einen zentralen Querschnitt des weltweiten Jugendstils als letzte gemeinsame Kunstsprache dar.
Es werde Licht
Der Jugendstil speiste sich stilistisch und inhaltlich aus den Formen der Natur und stellt somit die ideale Verbindung innerhalb des Zweispartenhauses aus Kunst und Natur in Wiesbaden dar. Die Präsentation der größten europäische Privatsammlung des Jugendstils und Art und Symbolismus, wurde ganz im Sinne des Geistes der damaligen Künstler als Gesamtkunstwerk inszeniert. Als gelebte Einheit werden Gläser, Keramiken, Möbel, Lampen und Gemälde als untrennbare Verbindung von Kunst und Leben gemeinsam gezeigt. Damit wurde der damaligen künstlerischen Forderung nach Aufhebung der Gattungen und Hierarchien Rechnung getragen. Die radikale Innovationskraft dieses Stils zeigte sich auch in der künstlerischen Nutzung der modernen Elektrizität, indem Skulpturen illuminiert und funktional nutzbar gemacht und Lampen zu gläserneren leuchtenden Kunstwerken wurden. Einen besonderen Schwerpunkt in der Präsentation liegt daher in der permanenten Beleuchtung der Lampen sowie einer Lichtbespielung der Räume, um die für den Jugendstil besondere Bedeutung der Lichtatmosphäre hervorzuheben.
Der Mäzen und seine Schenkung
Am Jahrestag wäre der Sammler Ferdinand Wolfgang Neess (1929-2020) 91. Jahre geworden. In seiner Sammlung lebt er jedoch weiter. Und auch die Sammlung selbst lebt weiter! Seine Ehefrau Danielle Neess unterstützt das Museum nach Leib und Seele. So gelangten nach der Eröffnung ein Original Plakat von Alfons Mucha „Österreich auf der Weltausstellung in Paris“ von 1900 und ein großformatiges Gemälde von Friedrich König „Der Tod und das Mädchen“ von 1912 als Dauerleihgabe in das Museum. Einen weiteren Höhepunkt stellen eine Tischleuchte „Danseuse à l’écharpe“ und eine Skulptur „Danseuse aux Cothurnes“ von Agathon Léonard dar. Dem Beispiel Neess folgend haben sich auch weitere Sammlerinnen und Sammler angeschlossen und werden als Vermächtnisse geschlossene Keramik- und Glaskonvolute von Royal Dux und Joh. Loetz-Witwe dem Museum zukommen lassen. Der Jugendstil hat sich in Wiesbaden etabliert, dank Ferdinand Wolfgang Neess.
Dr. Peter Forster
Kustos Sammlungen 12. bis 19. Jh.