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Zur Sortenvielfalt von Äpfeln aus unserer Region

WISSEN & FORSCHUNG

Goldparmäne. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Kulturapfel!

Ganz ungewohnt durchzieht den Formenraum der Dauerausstellung der Natur diesen Oktober ein fruchtiger, aromatischer Duft. Schon zum dritten Mal wird im Bereich der Früchte und Samen eine Sortenausstellung mit Äpfeln aus unserer Region gezeigt. Beeindruckend sind Formen und Farben der über fünfzig Sorten, die wohlsortiert in kleinen Bastkörbchen auf die Besucher warten. Bei dieser Vielfalt ist das Erstaunen nicht selten, dass derart viele Sorten in Wiesbadens Umgebung gedeihen. Denn ein Blick in die Obstregale unserer Lebensmittelmärkte zeigt in der Regel die gleichen sieben bis acht Apfelsorten. Dabei bietet der Kulturapfel doch viel mehr!

Seine Wiege steht in Asien in Kasachstan. Über die Seidenstraße gelangte der Kulturapfel als Frucht oder Samen in die Mittelmeerregion. Mit den Feldzügen der Römer etwa um 100 vor Christus verbreitete sich die Frucht auch nach Nordeuropa in die Regionen der Kelten und Germanen. Dort war bis dahin nur der geschmacklich stark abfallende und wenig nutzbare Holzapfel oder auch Europäische Wildapfel bekannt.

Die Verbreitung und Erfolgsgeschichte des Kulturapfels führten dazu, dass Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 20.000 Apfelsorten weltweit kultiviert wurden. Heute lassen sich in Deutschland noch gut 1.500 Sorten nachweisen, von denen nur etwa 60 wirtschaftlich bedeutend sind.

Die im heutigen Erwerbsobstbau verwendeten Sorten sind genetisch eng verwandt und stammen überwiegend von sechs Ahnensorten ab. Diese sind die Apfelsorten Golden Delicious, Jonathan, Cox Orange, Red Delicious, McIntosh und James Grieve. Eine genetische Verarmung und Inzucht in der Obstzüchtung offenbart sich etwa darin, dass an rund 60% der Obstzüchtungen der letzten acht Jahrzehnte der Golden Delicious – teils mehrfach – eingekreuzt wurde. Unter den Ahnensorten finden sich die Weltmeister des Obstbaumschorfes, Mehltaus und Obstbaumkrebses, so dass ein Einsatz von Agrarchemie fast immer notwendig ist.

Viele alte Sorten besitzen dagegen Resistenzen gegenüber den Erkrankungen und sind somit der Gen-Pool für zukünftige Züchtungen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten zudem, dass die Gehalte an Antioxidantien bzw. Radikalfängern in alten Mostapfelsorten gegenüber modernen Tafelobst bis zu dreifach höher sind und sogar die Werte von Rotwein übersteigen können. Und abschließend konnte auch der Nachweis geführt werden, dass viele alte Sorten für Apfelallergiker gut verträglich sind.

Besonders im Wiesbadener Osten ist der Anbau von Kernobst prominent und die Landschaft wird dort durch hochstämmige Apfelbäume dominiert. Darunter finden sich teils seltene und lokale Sorten, die mit Liebe und Sorgfalt gepflegt und bewahrt werden. Der Streuobstkreis Wiesbaden e.V. hat sich dem Erhalt seltener Apfelsorten verschrieben und die Sortenausstellung zu den Äpfeln unterstützt.

 

Dipl.-Biol. Ulrich Kaiser
Kurator Naturwissenschaft

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