zurück

Dünger für das Paradies

AUSSTELLUNGEN

Die Banner im Portikus am Eingang des Museums Wiesbaden verkünden von der neuen Sonderausstellung. Foto: Museum Wiesbaden

Ein kostbares Gut

Unsere August Macke-Ausstellung besitzt mehrere Ebenen. Die erste Ebene ist unser großes, den Nerv der Zeit berührendes Thema „Paradies! Paradies?“. Oftmals ist man sich gar nicht bewusst, wie gut es einem geht, und erst, wenn das „Normale“ nicht mehr selbstverständlich ist, weiß man, was man alles einmal hatte. Das Gewöhnliche ist plötzlich wieder kostbar. Momentan gehören auch wir dazu, nicht nur Ihnen, auch uns ist ja der Zugang zum „Tempel der Kunst“ verwehrt, die Galeriesäle sind „scharf“ geschlossen, wir alle zusammen sind aus Mackes „Paradies!“ vertrieben worden.

 August Macke (1887–1914) war sich, obwohl er mit jeder Faser seines Werks, die Welt „durchfreuen“ wollte, indem er einfach in seinen Bildern das Licht im grauen Alltag anknipste, sehr klar darüber, dass ein Paradies immer auch fragil ist.

Seine Seiltänzer*innen, die es genießen fröhlich durch die Welt der wunderbaren Möglichkeiten zu balancieren, können auch stürzen und die bezaubernde Abendstimmung mag im allernächsten Moment durch das Schwarz der hereinbrechenden Nacht ausgelöscht sein, wodurch die Vergänglichkeit der Dinge angedeutet ist.

Besucherinnen in den Ausstellungsräumen. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert
Besucherinnen in den Ausstellungsräumen. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Das Schöne aber...

... steht bei Macke natürlich im Vordergrund und auch wir freuen uns schon, wenn wir die Galeriesäle für unsere Besucher*innen wieder öffnen dürfen! 

Eine zweite, weniger offensichtliche Ebene ist, dass wir mit der Ausstellung an unsere eigene Vergangenheit anknüpfen und ein stückweit die Geschichte des Hauses thematisieren, was man wahrnehmen kann im Rundgang, aber beileibe nicht muss. Denn in1920 – vor exakt 100 Jahren – fand in denselben Sälen die über 190 Werke umfassende Gedächtnis-Ausstellung August Macke statt. Dieses Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, um darauf hinzuweisen, dass Wiesbaden nicht immer eine administrative Landeshauptstadt bzw. ein Ort für theatralische Kaiserfestspiele oder mondäne Kur- und Bäderaufenthalte gewesen ist, sondern nach dem Ersten Weltkrieg tatsächlich einmal für mindestens ein Jahrzehnt Avantgarde gewesen ist. 1917 etwa fand eine große Franz Marc-Retrospektive statt, der progressive Sammler Heinrich Kirchhoff förderte hier im Folgenden nicht nur Jawlensky, Klee und Nolde, sondern auch den kosmischen Kandinsky, den zerrissenen Schwitters oder den geometrischen Moholy-Nagy. All dies ließ Wiesbaden zu einem bekannten „Nebenzentrum der Moderne“ werden, das von Berlin den Takt erhielt.

Fortsetzung folgt...

Diese Website verwendet Cookies. Mit dem Besuch der Seite erklären Sie sich damit einverstanden. Mehr Informationen.