Mit der digitalen Anwendung „Jugendstilizer“ im neu eröffneten Aktionsraum „Experiment Ornament“ können Besucher:innen ihr eigenes Ornament erstellen. Die Projektleiterinnen Valerie Ucke und Jana Dennhard haben mit den kreativen Köpfen hinter dem „Jugendstilizer“ gesprochen – den Studentinnen Alisa Sawchuk, Leah Stephan und Julia Muthler der Hochschule RheinMain.
Mehr Informationen zu „Experiment Ornament“ finden Sie hier.
Alisa Sawchuk, 24 Jahre alt, ist derzeit dabei, ihre Bachelorabschlussarbeit im Bereich Kommunikationsdesign zu machen und arbeitet parallel in einer Werbeagentur als Texterin. Sie glaubt daran, dass gute Ideen die Kraft haben, Veränderungen herbeizuführen und eine positive Wirkung auf die Gesellschafft haben.
Julia Muthler, 25, beginnt ab April ihr Praxissemester als Screendesignerin in einer Kreativ- und Werbeagentur und arbeitet zusätzlich beim Studierendenausschuss der HSRM. Nach ihrem Bachelor strebt sie einen Master im Bereich crossmediale Inszenierung an. Ihr Fokus liegt auf detailreichen Projekten, die über bloße Inszenierung und Ästhetik hinausgehen und einen echten Mehrwert schaffen.
Leah Stephan, 25, ist gerade in ihrem Praxissemester in Frankfurt in einem Siebdruckstudio. Neben dem Studium arbeitet sie als freie Tätowiererin und in einer Agentur mit dem Fokus auf Kommunikationsdesign und Fotografie. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich der freien Kunst und der Fotografie. Alles was über die normalen Gestaltungsstandards hinausgeht, experimentell ist und eine herausfordernde präzise Herangehensweise erfordert weckt ihr Interesse und ihren Ehrgeiz.
Die vergangenen Monate standen bei uns allen sehr im Stern der von euch initiierten digitalen Anwendung „Jugendstilizer“ und des Ideenraums „Experiment Ornament“. Was geht euch dabei durch den Kopf?
Alisa: Als wir vor über einem Jahr dem Museum Wiesbaden das Konzept für den „Jugendstilizer“ gepitcht haben, hätten wir nicht gedacht, dass daraus so ein großes Projekt wird! Am Anfang hatten wir einen Prototypen, jetzt ist der „Jugendstilizer“ Realität geworden und ein kompletter Raum ist neu entstanden. Ohne die großzügige Unterstützung und Förderung, die wir von vielen Seiten erfahren haben, wäre dieses Projekt niemals in diesem Ausmaß realisierbar gewesen.
Wir möchten uns ganz herzlich bei Professor Jörg Waldschütz bedanken. Einen besseren Professor hätten wir uns für dieses Projekt nicht wünschen können. Er hat uns während des gesamten Prozesses begleitet und bei jedem Schritt unterstützt. Auch David Bascom und seiner Agentur möchten wir danken, die direkt mit Feuer und Flamme dabei waren. Nicht zuletzt gilt unser Dank dem Museum Wiesbaden, das uns von Anfang an mit Leidenschaft und Engagement unterstützt hat. Wir haben immer gespürt, dass das Museum die Umsetzung des Projekts mit Herzblut verfolgt hat und waren begeistert von der Zusammenarbeit. Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit dem Museum den „Jugendstilizer“ verwirklicht zu haben und hoffen, dass er auch in Zukunft vielen Besucher:innen Freude bereiten wird.
Die Blütezeit des Jugendstils liegt über 100 Jahre zurück. Trotzdem sind die Kunst und das Kunsthandwerk dieser Zeit nach wie vor für viele unserer Besucher:innen — und natürlich auch uns — extrem faszinierend und ästhetisch. Wieso habt ihr euch gerade mit dieserr Kunstströmung auseinandergesetzt, und wo seht ihr Brücken zur Gegenwart?
Alisa: Der Jugendstil begeistert bis heute mit seiner einzigartigen Ästhetik und hat uns dazu bewegt, uns intensiver mit dieser Kunstströmung auseinanderzusetzen. Besonders faszinierend ist der Einfluss, den die Natur auf die Ästhetik des Jugendstils genommen hat. Seine organischen Formen und floralen Muster spiegeln die Schönheit der Natur wider. Zeitgeschichtlich betrachtet war der Jugendstileine Reaktion auf die Standardisierung von Objekten in Folge der Industrialisierung. Die dekorative und ornamentale Gestaltung sollte Gegenstände individuell und einzigartig machen.
Heute scheint dieser Gedanke wieder aktuell zu sein. Wir beobachten, dass Menschen vermehrt den Wunsch haben, ihr Zuhause einzigartiger zu gestalten und einen persönlichen Touch zu verleihen. Die Wertschätzung für alte Gegenstände, die eine eigene Geschichte haben, steigt. Anstatt neue, "von der Stange" produzierte Möbel aus dem Möbelhaus zu kaufen, entscheiden sich viele lieber für ein altes Familienerbstück oder ein einzigartiges Stück vom Flohmarkt.
Durch den Kontakt untereinander und die Zusammenarbeit mit der Designagentur 99° — David, Tanja, Martin und Olena — haben wir, Valerie und Jana, viel lernen können und haben uns mit Fragestellungen auseinandergesetzt, die bisher nicht in unserem Museumsalltag präsent waren. Geht es euch genauso? Wie hat euch euer bisheriges Studium auf so ein Projekt vorbereitet?
Julia: Unser Studiengang Kommunikationsdesign ist sehr praktisch ausgerichtet. Wir bekommen nicht nur theoretisches Wissen vermittelt, sondern haben auch viele Möglichkeiten, es in praxisnahen Projekten anzuwenden. Unsere vielseitigen Kurse im Grundstudium haben uns umfangreiche Fähigkeiten vermittelt, die wir im Hauptstudium vertiefen und in interdisziplinären Projekten anwenden. Eines unserer Semesterprojekte im Kurs Interactive Design unter der Leitung von Jörg Waldschütz war die Ursprungsidee für den „Jugendstilizer“. Dabei haben wir uns intensiv mit Projektentwicklung, Markt- und Zielgruppenanalyse sowie Konzeption beschäftigt und gelernt, wie man innovative Digitalkonzepte in Teamarbeit entwickelt.
Auch in den Kursen im Bereich User Experience/User Interface Design von David Bascom haben wir bereits viel über die Gestaltung von Anwendungen und Screendesign gelernt und dieses Wissen bei der Entwicklung des „Jugendstilizers“ angewandt.Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert jedoch nicht nur eine ästhetische Gestaltung, sondern auch eine strategische Planung und ein ausgearbeitetes Konzept. Durch das Projekt wurden wir mit neuen Fragestellungen konfrontiert und konnten unser Wissen in verschiedenen Bereichen erweitern. Dabei haben wir auch Raumgestaltung, Ausstellungsplanung und Museumsinterne Besprechungen kennengelernt und in einem großartigen Team wertvolle Erfahrungen gesammelt.
Wir hatten die Kombination aus dem Museumsblick von Jana und Valerie, der Agenturerfahrung von David und seinem Team und unserer kreativen Herangehensweise, was zu einer hervorragenden Zusammenarbeit geführt hat. Insgesamt war es ein tolles Projekt, aus dem wir viele Erkenntnisse für kommende Vorhaben gewonnen haben. Wir sind sehr dankbar dafür.
Nun da euer „Jugendstilizer“ all das ins Rollen gebracht hat, was wir und alle Besucher:innen ab Anfang April erleben können: Was wünscht ihr euch für den Ideenraum „Experiment Ornament“?
Leah: In erster Linie freuen wir uns natürlich, dass dieses Projekt endlich real und greifbar wird. Wir wären begeistert, wenn alle Besucher:innen durch das Erleben des „Jugendstilizers“ und des Raums den Jugendstil mehr verstehen und kennenlernen. Auch wir verstehen ihn jetzt mehr. Vielleicht schaffen wir es ja auch, dass die Besucher:innen mit einem „jugendstilisierten“ Blick aus dem Museum laufen und ein wenig von dem Erlebten auch draußen sehen und spüren. Und natürlich wünschen wir uns, dass alle großen Spaß dabei haben Ornamente, Objekte und Schriften zu entdecken und sich kreativ am „Jugendstilizer“ austoben. Denn alle können hier ihre kreative Ader entdecken, egal wie begabt man im künstlerischen Bereich auch sein mag, so viel können wir versprechen.
Museen sind genau wie Hochschule eine Form der Bildungseinrichtung, haben daneben natürlich aber auch noch weitere wichtige Arbeitsfelder, wie z.B. die Bewahrung von Kulturgütern. Dennoch sind beide Institutionen im ständigen Wandel, gerade die Digitalisierung ist hier ein großes Abenteuerfeld. Wo seht ihr das Museum der Gegenwart und Zukunft?
Julia: Museen bleiben auch in Zukunft wichtige Orte des Lernens und der Inspiration. Digitalisierung bietet dabei viele Chancen und neue Möglichkeiten. Wir sehen bereits heute spannende Technologien, die vermehrt in Ausstellungen integriert werden: Augmented Reality erlaubt es Besucher:innen, digitale Inhalte in der realen Welt zu integrieren. Interaktive Touchscreens bieten zusätzliche Informationen und machen das Entdecken von Exponaten persönlicher und unterhaltsamer.
Online-Plattformen und Social Media bieten zudem die Möglichkeit, auch außerhalb des Museums interaktive Inhalte zu erleben, neue Zielgruppen zu erreichen und den Austausch zu fördern. Museen müssen einen Platz im digitalen Zeitalter finden und sich an veränderte Bedürfnisse der Besucher:innen anpassen, ohne dass die Originalität und Authentizität der Exponate in den Hintergrund gerät. Wir sind sehr gespannt auf alles, was da noch kommen wird!