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Von der Leidenschaft zur Kunst

AUSSTELLUNGEN

Der Sammler Jan Baechle im Museum Wiesbaden. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Depotfrühschoppen als Institution

Das langjährige Kuratoriumsmitglied der Freunde des Museums Wiesbaden, Jan Baechle, ist in vielfacher Form mit „seinem“ Museum Wiesbaden verbunden. Insbesondere mit seiner jährlichen Veranstaltungsreihe „Depotfrühschoppen“ hat er sich einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Begonnen hatte er die Reihe im Jahre 2005 mit dem Thema „Maler aus dem Kreis um Wilhelm Leibl“. Dieser Auftakt zeigt, dass er bei der Auswahl seiner Themen jenen Schwerpunkt bevorzugte, der sich auch in seiner Sammlung findet: Im Zentrum stand dabei die Kunst des 19. Jahrhunderts. Gerne stellte er in seiner populären Reihe Überblicksthemen vor, die es dem Publikum ermöglichten, größere Zusammenhänge zu erfassen und ihr Wissen zu vertiefen. Dazu gehörten Themen wie „Die Kronberger Malerkolonie“, „Die Weimarer Malerschule“, die „Düsseldorfer Malerschule“, „Malerei der Rheinromantik“, „Biedermeiermalerei“ oder „Moderne Skulpturen der Kaiserzeit“.

Das Besondere der Veranstaltungsreihe war, dass es Jan Baechle nicht bei einem Vortrag beließ, bei dem er Werke aus dem Depot thematisierte, sondern es gehörte immer auch eine Präsentation ausgewählter Werke aus dem Depot dazu. Diese wurden üblicherweise in der Alten Bibliothek am Tag des Vortrages gezeigt, es kam aber auch vor, dass die Kunstsammlung selbst Ort der Präsentation war. In einem Fall blieb die Ausstellung gleich eine ganze Woche stehen. In einem monographischen Vortrag zu „Kaspar Kögler“ kamen sogar umfangreiche Leihgaben vom Stadtmuseum Wiesbaden zum Tragen. Mit dieser. weit über einen normalen Vortrag hinausgehenden, Herangehensweise, schuf Baechle ein neues Format. Im Kern betätigte er sich nämlich als Kurator und vernetzte sich durch seine kuratorische Arbeit mit allen daran beteiligten Personen im Museum. Er schuf sich, dank seiner einnehmenden Art, im Laufe der Jahre viele Freunde im Museum.

Alles im Blick

Die Innensicht des Museums erwies sich wiederum auch für seine Tätigkeit bei den Freunden des Museums als wertvoll, da er so immer beide Seiten im Blick hatte. Die Vortragsreihe fand im Rahmenprogramm der Freunde statt, wurde von Ihnen beworben und tatkräftig unterstützt. Zum Ritual nach den Vorträgen gehörte es, gemeinsam Kunst zu bestaunen und zu feiern. Friederike Baechle schmückte die Wandelhalle des Museums mit Blumen und schenkte selbst Wein aus, dessen Erlös der Kasse des Fördervereins zu Gute kam. Der große Erfolg der Reihe basierte - neben der Vermittlung profunden Wissens - einen Gutteil auf der humorvollen Vortragsweise von Jan Baechle. Bewusst antiakademisch - damit eins mit vielen Künstlern des 19. Jahrhunderts aus seiner Sammlung, die lieber frei malen als sich äußeren Zwängen unterwerfen wollten - bestachen die Vorträge durch zünftige Anekdoten, die die Künstler auch von ihrer menschlichen Seite beleuchteten. Es war immer eine Freude mit ihm das Depot zu besuchen und sich mit ihm fachlich auszutauschen. Eine besondere Rolle in dieser Konstellation nahm Martina Frankenbach, unsere Bibliothekarin, ein. Ihr oblag es, Jan Baechle mit der entsprechen Literatur zu versorgen und ihm auf seinem Weg zum erfolgreichen Vortrag zu begleiten.

„das ist es jetzt“ (Zitat Jan Baechle)

Mit der Präsentation der Schenkung Jan und Friedericke Baechle gilt es, sich von einer liebgewonnenen Institution nun zu verabschieden. Die Zusammenarbeit mit ihnen war immer geprägt von einem großen gegenseitigen Vertrauen. Dieses führte zur Schenkung der Sammlung. Es ist ein wunderbares Zeichen, das die Schenkung, nicht wie ursprünglich geplant testamentarisch erfolgte, sondern direkt und sofort. Jan Baechle hat die Bilder einfach vorbeigebracht und lakonisch gesagt, „das ist es jetzt“.

Die Baechles sammelten immer autonom, ohne sich beeinflussen zu lassen. Mehrfach startete ich den Versuch, beide zum Erwerb einer Arbeit von Ludwig Knaus zu überreden - erfolglos. Im Nachhinein gut so, weil eine Sammlung authentisch sein muss. Das ist hier gegeben. Jan Baechles Interesse an der Kunst begann bereits früh. In seinem Elternhaus befand sich eine Arbeit von Wilhelm Steinhausen, die ihm den Weg ins 19. Jahrhundert ebnete. Der erste gemeinsame Erwerb war ein Werk von Fritz Wucherer, was wiederum die Nähe zur Kronberger Malerkolonie aufzeigt, der ihr besonderes Interesse galt. Begleitet wurde ihre Sammlung durch die beratende Tätigkeit von Christoph Andreas, der mit seiner alteingesessenen  J.P. Schneider jr. Kunsthandlung in Frankfurt ihnen ein langjähriger freundschaftlicher Begleiter war. So schließt sich der Kreis aus Kunsthandel und Sammeln im Museum Wiesbaden!

Zur Sammlung selbst gibt der Katalog Auskunft. Sie schmiegt sich regelrecht in den vorhandenen Bestand des Museums ein, was der Katalog eindrucksvoll belegt. Dem Verein Freunde des Museums Wiesbaden  gilt an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank, der einen substantiellen Betrag zu diesem Katalog beisteuerte und so auf vorbildhafte Weise, das Engagement eines der Ihren würdigt.

 

Peter Forster 
Kustos Sammlungen 12. bis 19. Jh.

Sehen Sie sich den Trailer zur Ausstellung an

Kurator der Ausstellung, Dr. Peter Forster, nimmt Sie in diesem Video mit durch einen kurzen Gang durch die Ausstellung. Schauen Sie rein und tauchen Sie ein in die Werke der Sammlung Baechle!

Neue Laufzeit: bis 26 Sep 2021

Der Katalog zur Ausstellung „Exquisit — Kunst des 19. Jahrhunderts"

Exquisit — Kunst des 19. Jahrhunderts
Die Schenkung Baechle
Hrsg.: Peter Forster
144 Seiten mit 140 Abbildungen
29,0 x 25,0 cm, Hardcover
Berlin: Deutscher Kunstverlag 2021

ISBN: 978-3-422-98626-8
24,—  Euro (an der Museumskasse)



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