Nach Freischaltung Ihrer Registrierung können Sie Pressemappen und druckfähige Bilddaten herunterladen.
Nach Anmeldung können Sie Pressemappen und druckfähige Bilddaten herunterladen.
Mi 27 Mär
Wiesbaden. Davon, dass am Main gleich mehrere Fabriken mit roten Farbstoffen das Zeitalter der Chemiefarbstoffe einleiteten, im Odenwald ein Kleinkrieg um einen Rohstoff für weiße Farben ausbrach und ein blaues Ländchen bei Naststätten früher für seine blauen Stoffe bekannt war, davon und von vielen weiteren Farbgeschichten erzählt eine Kabinettausstellung im Museum Wiesbaden.
Farben scheinen etwas Selbstverständliches zu sein. Wie facettenreich die Geschichten jedoch sind, die sich hinter einem Rot für Wolle, einem Weiß für Wände oder einem Blau für Wäsche verbergen, zeigt vom 17. März bis zum 18. August 2019 eine Kabinettausstellung im Museum Wiesbaden. Von Nord nach Süd und von Ost nach West haben Susanne Kridlo, Kuratorin der Naturhistorischen Sammlungen, und ihre Mitarbeiterin Swane Rodewald Hessen nach interessanten Geschichten über Farben durchgekämmt. Mitgebracht haben sie Ton für Schneiderkreide aus Nordhessen, Wolle von einem ökologisch ausgerichteten Färbebetriebe vom hessischen Neckar, grau-blaues Steinzeug aus dem Westerwald und eine Geschichte von roten Flechtenfarbstoffen aus dem Vogelsberg. In 34 Geschichten mit über 100 farbreichen Objekten zeigt die Kabinettausstellung, dass die Farben von Wolle, Wänden und Wäsche, sowie von Autos oder Geldnoten keineswegs Selbstverständ-lichkeiten sind. Vielmehr sind mit Farbmitteln kulturelle, technische und wirtschaftliche Entwicklungen sowie auch umwelt- und gesundheits-gefährdende Risiken verbunden. So bezieht sich eine Farbgeschichte auf einen synthetischen gelben Farbstoff, der bis in die 1940er-Jahre Butter und Margarine saftig gelb färbte. Auf der 55. Tagung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin in Wiesbaden eröffnete Adolf Butenandt 1946 mit der Frage nach der Verwendung des krebserregenden Buttergelb eine lange Debatte, die letztendlich in der Zulassung von Höchstgrenzen für Lebensmittelzusätze endete:
Diese Geschichte, meint Kuratorin Susanne Kridlo, haben wir aufgenommen, weil damit hier in Wiesbaden eine wichtige Diskussion startete. Andere Geschichten gehen von Farbstoffen aus, die schon durch ihren Namen auf Hessen verweisen. Wie etwa das Biebricher Scharlach. Der rote Farbstoff war 1879 einer der ersten erfolgreichen Farbstoffe der Firma Kalle&Co in Wiesbaden Biebrich. Die wenigsten wüssten, führt Kridlo aus, dass gleich fünf Firmen zwischen Wiesbaden und Mühlheim am Main mit der Produktion von Farbstoffen starteten. Diese Firmen gibt es heute alle nicht mehr und die Nachfolger haben wenig aus der Geschichte der Werke behalten.
Um Objekte aus der frühen Farbstoffchemie ausstellen zu können, sind die Kuratorinnen bis nach Dresden gefahren. Dort steht in der Technischen Universität die größte historische Farbstoffsammlung in Deutschland und aus ihr stammen die alten Gläser mit den Original-farbstoffen, wie das Biebricher Scharlach oder ein Aldehydgrün, das für die Farbwerke Hoechst den Durchbruch schaffte. Im Gegensatz zu den Chemiegiganten hat eine Firma die seit Mitte der 19. Jahrhunderts eine Fabrik für Druckfarbe betreibt aus dem Firmenarchiv Material beigesteuert. So ist in der Ausstellung ein handgeschriebenes Rezept-heft für schwarze Druckfarben ausgestellt. Zu sehen ist auch eine Dollarnote, denn tatsächlich wurden Ruco Druckfarben ab 1880 bis in den ersten Weltkrieg hinein, an die Amerikanische Staatsdruckerei geliefert. Heute sehen Geldscheine bunter und schillernder aus und spezielle Pigmente dafür kommen auch aus Hessen. Die Firma Merck in Darmstadt produziert sogenannte Effekt- und Perlglanzpigmente für Lacke und Kosmetikprodukte ebenso wie für Schokoladenüberzüge wie eben für Geldscheine. Gegen diese irisierenden Farben sehen der blaue Arbeitskittel und eine blau gefärbter Flachsstrang aus Nastätten fast bescheiden aus. Im Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhundert war die Region um diesen Ort, die den Namen Blaues Ländchen trägt, für seine Woll- und Leinenstoffe berühmt.
Allein um sich an den vielen und farbenreichen Objekte zu erfreuen, lohnt der Besuch. Die Geschichten dazu sind auf kleinen Tafeln an den Vitrinen angehängt und wer mag kann sie in Ruhe lesen und mehr über Farben aus ganz Hessen und dem ehemaligen Hessen-Nassau zu erfahren
Die Ausstellung im Kabinettraum der Naturhistorischen Sammlungen ist im Eintrittsgeld für die Dauerausstellung enthalten.
Laufzeit der Kabinettausstellung: 17. März—18. August 2019